RoboCop auf Thailändisch: Polizei setzt erstmals KI-Cyborg ein

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Thailand geht voran – oder stolpert kopfüber in die technologische Überwachungsgesellschaft. Am 17. April 2025 präsentierte die Royal Thai Police ihren ersten KI-Polizeiroboter: den „AI Police Cyborg 1.0“. Das martialisch anmutende Gerät, das unweigerlich an Hollywoods „RoboCop“ erinnert, wurde während des traditionellen Neujahrsfestes Songkran in der Provinz Nakhon Pathom eingesetzt – offiziell, um für mehr Sicherheit zu sorgen. In Wirklichkeit markiert der Versuch einen besorgniserregenden Schritt hin zur automatisierten Kontrolle des öffentlichen Raums.

Der Roboter trägt den blumigen Namen „Pol Col Nakhonpathom Plod Phai“, was so viel heißt wie „Nakhon Pathom ist sicher“. Ein PR-Stunt mit Betonung auf „Schein“, denn was hier als technologische Innovation gefeiert wird, ist vor allem eins: ein Symbol der Überwachung. Entwickelt wurde der KI-Polizist von der örtlichen Polizei gemeinsam mit der Stadtverwaltung. Seine Aufgabe: die Überwachung großer Menschenmengen mittels 360-Grad-Kameras, Gesichtserkennung und KI-Analyse. Die Bilder, die auf der Plattform X kursieren, zeigen einen unbeweglich wirkenden Blechkameraden im Polizei-Outfit, posierend vor einer Wand aus Überwachungsmonitoren. Eine Zukunftsvision? Oder nur ein glänzender Pappkamerad mit WLAN-Anschluss?

Thailand ist mit seinem Cyborg-Cop nicht allein. Schon 2017 führte Dubai einen KI-Roboter ein, der Emotionen erkennen und Strafzettel ausstellen soll. Auch in den USA, China und Europa wird KI zunehmend in die Polizeiarbeit integriert – von autonomen Streifenwagen bis zu Echtzeit-Überwachungssystemen. Die Versprechen: Effizienz, Objektivität, Entlastung der Beamten. Die Realität: unausgereifte Technik, Diskriminierung durch fehlerhafte Gesichtserkennung und schleichender Verlust bürgerlicher Freiheiten.

Zahlreiche Studien zeigen, wie wenig zuverlässig solche Systeme bislang sind. Laut Nature scheitern viele KI-Algorithmen regelmäßig an Menschen mit dunkler Hautfarbe. In London dokumentierte die Polizei zwischen 2016 und 2019 eine erschreckend hohe Fehlerrate bei Echtzeit-Gesichtserkennung. Fehler, die in einem hochautomatisierten Kontrollsystem schnell zu realen Konsequenzen für Unschuldige führen können. Eine düstere Aussicht, wenn man bedenkt, dass Maschinen künftig Entscheidungen treffen könnten, für die einst ein Richter zuständig war.

Auf X zeigen sich die Reaktionen entsprechend zwiegespalten. Einige feiern den Roboter als Symbol des Fortschritts, andere spotten über seine klobige Erscheinung und mangelnde Beweglichkeit – er steht sichtbar auf einem Podest. Ein Nutzer schrieb trocken: „Ich würde sicherstellen, dass ich weiß, wo der Ausschaltknopf ist.“ Treffender lässt sich die Skepsis gegenüber einer Zukunft mit elektronischem Ordnungshüter kaum ausdrücken.

Thailand verkauft die Aktion als Versuch, Tradition und Hightech zu vereinen. In Wirklichkeit offenbart sich hier ein Muster: Technologie wird nicht als Werkzeug für den Menschen entwickelt, sondern als Instrument, ihn zu überwachen. Und das in einer Zeit, in der der Begriff „Sicherheit“ längst zum Freifahrtschein für Grundrechtseinschränkungen geworden ist.

Der AI Police Cyborg 1.0 mag noch unbeholfen wirken, wie ein Science-Fiction-Statist auf Dorffest-Einsatz. Doch der Weg ist geebnet. Was heute als PR-Gag auf dem Neujahrsfest beginnt, könnte morgen zur Normalität im Alltag werden – mit Kameras, Sensoren und Algorithmen, die nicht mehr schlafen, nicht mehr fragen und nicht mehr widersprechen.

Die Roboter kommen. Die Frage ist nur: Wer kontrolliert sie – und für welche Zwecke?

Quellen:

Brian Roemmele auf X: https://x.com/BrianRoemmele/status/1914083720325374032

Nation Thailand: „Thailand unveils ‘AI Police Cyborg 1.0’“ (17. April 2025)

Built In: „Police Robots: What They Are & How They’re Used“ (13. Dezember 2023)

Nature: „Is facial recognition too biased to be let loose?“

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