In einem aufschlussreichen Interview beleuchtet Prof. Dr. Oliver Bendel aktuelle Entwicklungen rund um humanoide Roboter, generative KI und deren Einfluss auf Arbeitswelt, Bildung und Gesellschaft. Der Technikphilosoph spricht dabei mit großer Expertise und einem kritischen, aber visionären Blick.
Mensch und Maschine im Gleichschritt
Humanoide Roboter sind heute mehr als futuristische Fantasien. Sie erreichen menschenähnliche Größe, Beweglichkeit und Interaktion. Das Design ist kein Zufall, sondern funktional begründet: Roboter sollen sich in einer menschlich gestalteten Welt zurechtfinden. Boston Dynamics‘ Atlas dient hier oft als Vorbild. Trotz der Ähnlichkeit bleiben Unterschiede: Roboter übertreffen Menschen in Kraft, Ausdauer und Präzision.
KI zieht in die physische Welt ein
Der große Sprung in der Robotik geschieht durch die Integration von großen Sprachmodellen (Large Language Models) und sogenannten Weltmodellen. Letztere ermöglichen es Robotern, Aufgaben in virtuellen Welten zu trainieren, bevor sie sie in der Realität ausführen. Das spart Zeit, erhöht die Effizienz und erlaubt autonomere Entscheidungen. Ein Paradigmenwechsel in der Mensch-Maschine-Interaktion.
Der Arbeitsmarkt im Wandel
Bendel warnt vor massiven Arbeitsplatzverlusten in den kommenden 5–10 Jahren. Besonders betroffen: Fabrik- und Bürojobs, aber auch kreative Berufe. Zwar entstehen neue Jobs im digitalen Bereich, doch diese erfordern andere Fähigkeiten und Interessen. Handwerkliche Berufe gelten oft als sicher – ein Trugschluss, wie Bendel erklärt. Roboter mit menschenähnlichen Bewegungsfreiheiten können auch im Handwerk viele Aufgaben übernehmen.
Mehrwert entscheidet über Akzeptanz
Studien zeigen: Menschen akzeptieren Maschinen, wenn sie einen Mehrwert bieten. In der Pflege oder im Kundenservice schwindet der Widerstand, sobald Roboter praktische Hilfe leisten. Skepsis bleibt jedoch, besonders wenn Roboter manipulativ wirken oder in autoritären Kontexten – etwa als Polizeiroboter – auftreten.
Bildung und Werte im KI-Zeitalter
Neben den technischen Aspekten plädiert Bendel für ein neues Werteverständnis. Er setzt sich für die Aufwertung nicht-lohnarbeitlicher Tätigkeiten wie Kindererziehung, Pflege oder künstlerische Arbeit ein. Zudem fordert er neue Strategien wie das bedingungslose Grundeinkommen, um gesellschaftlichen Umbrüchen zu begegnen.
Sprachschutz durch Technik
Ein weiteres Projekt von Bendel widmet sich gefährdeten Sprachen. Mit Hilfe von Chatbots will er bedrohte Idiome wie das Rätoromanische bewahren. Trotz technischer Fortschritte stößt das Vorhaben oft auf kulturelle und urheberrechtliche Hürden.
Prof. Bendel zeigt eindrucksvoll, dass Robotik und KI nicht nur technische, sondern auch ethische und gesellschaftliche Fragen aufwerfen. Sein Appell: Technik soll dem Menschen dienen, nicht umgekehrt. Und dafür braucht es Bildung, Reflexion und mutige Visionen.
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