Transhumanismus, Superintelligenz und die neue digitale Religion – Ein Weckruf von Prof. Harald Walach

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In einer Welt, die sich immer schneller digitalisiert, geraten fundamentale Fragen des Menschseins zunehmend in den Hintergrund. Im Interview mit dem KI-Kanal von Leonard Schmedding spricht Prof. Dr. Dr. Harald Walach, klinischer Psychologe und Philosoph, Klartext: Transhumanismus ist keine technologische Spielerei – es ist eine neue Form von Religion.

Die Hybris des Transhumanismus

Walach beschreibt Transhumanismus als ideologische Bewegung, die den Menschen technisch perfektionieren oder gar ersetzen möchte. Hirnimplantate, genetische Modifikationen und der Traum von Unsterblichkeit sind ihre Eckpfeiler. Doch was als Fortschritt verkauft wird, ist in seinen Augen eine gefährliche Hybris – die Idee, der Mensch sei ein fehlerhaftes Produkt der Natur, das verbessert werden müsse.

Mensch vs. Maschine – mehr als Biologie

Der Mensch ist laut Walach kein optimierbares System, sondern ein sich selbst regulierendes, freies Wesen. Maschinen reagieren, Menschen agieren. Die fundamentale Unterscheidung liege in der Fähigkeit zur Freiheit, zur Selbstreflexion und zum bewussten Nicht-Handeln. Dies wird durch materialistische Denker wie Kurzweil oder Harari, die den freien Willen als Illusion darstellen, ignoriert.

Superintelligenz – unterschätzt und überschätzt zugleich

Während Prominente wie Stephen Hawking vor den Risiken von Superintelligenz warnten, verfallen viele einer naiven Technikgläubigkeit. Walach sieht beide Extreme kritisch. Einerseits drohe Kontrollverlust bei unregulierter KI, andererseits werde ihr Potential überschätzt. Die echte Gefahr: Menschen beginnen, ihre eigenen Fähigkeiten zu verlernen und externalisieren.

Bedingungsloses Grundeinkommen – Segen oder Falle?

Die Automatisierung gefährdet Millionen Jobs, insbesondere in der Wissensarbeit. Doch statt mit technokratischen Lösungen wie dem bedingungslosen Grundeinkommen zu reagieren, fordert Walach eine Debatte über sinnstiftende Arbeit. Denn wer keine Aufgaben hat, entfremdet sich von sich selbst – mit psychologischen Konsequenzen.

KI in der Psychotherapie – Menschlichkeit auf dem Rückzug

Digitale „Therapie-Bots“ mögen kurzfristig helfen, ersetzen aber keine zwischenmenschliche Beziehung. Walach warnt vor einem schleichenden Verlust an Empathie und einem Missbrauch sensibler Daten. Der wahre Zweck: zentrale Kontrolle, nicht Hilfe.

Eine neue Religion im Gewand der Wissenschaft

Was heute als „wissenschaftlich“ gilt, entlarvt Walach als verkappte Ideologie: Transhumanismus ist in Wahrheit eine neue Religion – ohne Transzendenz, aber mit absolutem Machtanspruch. Die Anhänger sehen sich selbst als Götter. Der Unterschied zu vergangenen Religionen: Diese wird von Tech-Konzernen und ihren Algorithmen gepredigt.

Ein Appell an die Gesellschaft

Walach ruft zur kritischen Reflexion auf: Wollen wir wirklich eine Welt, in der der Mensch zur Maschine gemacht wird? Oder ist jetzt die Zeit, einen Diskurs über Menschlichkeit, Autonomie und Würde zu führen? Seine Antwort ist klar – ohne Bewusstsein und klare Grenzen droht die digitale Entmenschlichung.

Wer Transhumanismus nur als technische Entwicklung sieht, verkennt die Tragweite. Es geht um mehr als Algorithmen – es geht um das Menschenbild unserer Zukunft.

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